zur Gründerzeit, der Zeit ab
1919 | Wohnbau „als politischer Programmpunkt Nr. 1“ |
1945 bis 1950 | „der Wiederaufbau“ |
1960 bis 1970 | „der Montagebau“ |
1970 bis 1980 | „Hebung der Wohnqualität“, „Leitlinien der Stadtentwicklung“ |
1980 bis 1995 | „Entwicklung des Niedrigenergiestandards“ – „Neue Gründerzeit“ |
1995 bis 2000 | „Baukostenreduktion“, „Themenstädte“, und |
„REDUKTION DER BETRIEBSKOSTEN“ ?, – PASSIVHAUSSTRATEGIEN“ ?
Die Wiener Stadt- und Bauentwicklung
ist wesentlich geprägt durch die gründerzeitliche Bautätigkeit:
sozial, baulich-technisch, usw.
Von 1880 bis 1980 sind die folgenden Entwicklungen wichtig:
+ 30% Steigerung der durchschnittlichen Lebenserwartung
– 50% Verringerung der jährlichen Arbeitsstundenzahl
von 30% auf 14% Verringerung der Relation der Lebensarbeitsstunden zu den Gesamtlebensstunden (Deutschland)
In einer Gründerzeit, in der die Wohnbaufinanzierung fast ausschließlich aus privaten Ersparnissen und den Mitteln des Kapitalmarktes gespeist wurde, erfolgte die Förderung des privaten Wohnbaus durch den Staat auf dem Wege über Steuerbegünstigungen und Steuerfreijahre. Diese schon in alten Zeiten angewandten Mittel zur Heranziehung von Siedlern bzw. zur Ankurbelung der Bautätigkeit bewährten sich auch in der Gründerzeit. Der Auftrieb der Bautätigkeit beruhte zu einem guten Teil auf einer 1859 gewährten Steuerbefreiung auf 18 Jahre für Häuser, die innerhalb der nächsten fünf Jahre vollendet wurden, und von 15 Jahren für die binnen einem Jahrzehnt fertiggestellten Wohnbauten. Den Neubauten auf dem ehemaligen Glacis wurde darüber hinaus eine besondere 25- bis 30-jährige Steuerbefreiung gewährt. Als repräsentativ für die großen Baugesellschaften kann die Wiener Baugesellschaft gelten. Im geschlossenen Stadtkern gingen rund 750 Bauparzellen und einschließlich des offenen Stadtrandes eine Fläche von 120 ha – größer ist als der 8. Bezirk- durch die Hände der Gesellschaft. Insgesamt wurden von dieser Gesellschaft und in diesem Zeitraum nur 127 Häuser erbaut.
Hauptgeschäftsfeld der über enormes Kapital verfügenden wenigen Gesellschaften war der Ankauf von Grundstücken und der Abbruch von Altbauten und der Verkauf nach der Parzellierung. Gebaut wurden meist von kleinen Baumeistern. „Grundformen“ wurden immer wieder verwendet, doch nur selten mehr als ein Häuserblock oder eine kurze Straße von einem Baumeister in einem Zuge erbaut. Das Rasterschema der Straßen täuscht daher einen Grad von Regelmäßigkeit vor, der in der inneren Gestaltung der einzelnen Häuser zumindest in der Hochgründerzeit noch nicht bestand.
Regelnde Eingriffe der öffentlichen Hand sind die Bauordnungen und die Stadtregulierung.
Die Bauordnungen wurden von entscheidendem Einfluß auf die Gestaltung der Stadt, nicht nur in Bezug auf ihre formale, sondern auch im Hinblick auf ihre funktionale Differenzierung.
Nach der ersten Stadterweiterung wurde 1859 eine neue Bauordnung für die Altstadt und die 1850 eingemeindeten Vorstädte erlassen, die einem rein formalen Ordnungsprinzip folgend, für die neuen Straßen eine Mindestbreite von acht Klaftern und eine maximale Gebäudehöhe von dreizehn Klaftern vorschrieb. Eine wichtige Rolle spielte die Bestimmung, daß die Straßenzüge möglichst geradlinig angelegt werden sollten. Weder topographisch noch funktionelle Gesichtspunkte fanden Berücksichtigung. So wurde die Anlage von Favoriten und der Brigittenau von Van der Nüll und Siccardsburg bzw. Förster, dem Rasterprinzip folgend, projektiert, aber weniger schematisch verwirklicht. Abweichend von den Planungen der Biedermeierzeit in den Vorstädten, sah man wenige öffentliche Plätze, dafür aber durchwegs verhältnismäßig breite Straßen vor, ohne noch an eine funktionelle Differenzierung zu denken. Diesen Vorbildern entsprechend, wurde das Schachbrett auch zur Grundlage der meist von Privatarchitekten und Geometern durchgeführten Parzellierungen in den westlichen Vororten, von Meidling bis Währung. In den Vorstädten schuf man dagegen schon in der Hochgründerzeit zahlreiche Straßendurchbrüche, um dem Ideal eines Rasterschemas näher zu kommen. Erste Ansätze einer Grünflächenpolitik zeichneten sich ab, wenn die Gemeinde Parkanlagen des Adels aufkaufte (z. B. Esterhazy, Schönborn) und in öffentliche Grünflächen verwandelte oder beim Abreißen von Kasernen und der Aufparzellierung ihres Geländes einen oder mehrere Baublöcke für Grünanlagen vorbehielt. Damit wurde dem Vorbild der großen historischen Wachstumsperioden mit Reformwillen entsprochen, die städtebauliche Entwicklung sehr stark über die Freiraumplanung definiert.
Die Bauordnung von 1883 stellte einen verpflichtenden Bezug zwischen Straßenbreite und Häuserhöhe her und führte zu einer generellen Verbreiterung der Straßen. Ihre in der Grundhaltung wenig veränderte Novellierung 1893 umfaßte bereits die inzwischen eingemeindeten westlichen Vororte Wiens. Erstmals wurde nun ein Bauzonenplan erstellt. Er sah die grobe funktionelle Gliederung der Stadt in Gebiete vorherrschender Wohn- bzw. Industrienutzung vor und berücksichtigte eine Industriezone im Süden – von der Südbahntrasse bis zum Donaukanal – und eine im Norden – beiderseits des Donaukanals. Diese Ausgliederung wurde durch Begünstigungen und Verbote unterbaut und hat dazu beigetragen, ein Weitergreifen der Industrialisierung in manchen westlichen Stadtrandgebieten zu verhindern.
Gleichzeitig mit dieser ersten funktionellen Gliederung nahm man eine Zonierung der Stadt nach der Gebäudehöhe vor. Fünf Geschosse waren in der Innenstadt, den ehemaligen Vorstädten und in dem Teil des Bezirkes Favoriten zugelassen, der auf der alten Vorstadtgemarkung der Wieden erwachsen war, vier Geschosse in den westlichen Vororten bis knapp über die Vorortelinie hinaus. Jenseits derselben sollte vor allem im Nordwesten die offene Verbauung herrschen bzw. durften maximal dreigeschossige Häuser errichtet werden.
Dichte war Folge dieser Regeln, war nicht Ziel, sondern Ergebnis eines „Prozesses“. Die Wohn-Bauleistung erreicht in Wien in der Gründerzeit bis zu 13 000 Wohnungen pro Jahr, die Einwohnerzahl steigt in der Frühgründerzeit um jeweils ca. 2,2% jährlich von 440 000 auf 840 000 um ca. 2,3% in der Hochgründerzeit 1870 und auf 1 340 000 um ca. 2% in der Spätgründerzeit, und bis 1910 auf 2 000 000 um ca. 1,4% und 1918 auf 2 240 000.
Bauliche Qualitäten sind u.a. die große Raumhöhen, die relativ einfachen Möglichkeiten zum Umbau und Ausbau, die baubiologische Qualität durch Verwendung von Ziegel und Holz bei den tragenden Konstruktionen,
DIE „NEUE GRÜNDERZEIT“
ist (auch) ein Versuch, kurzfristiger Nachfrage, unter anderem als Folge verstärkter Zuwanderung, durch Neubautätigkeit zu entsprechen. Parallel geht die Entwicklung von Standards zur Verringerung des Energieverbrauches. In Skandinavien und auch in den Vereinigten Staaten wurden in den 70er und 80er Jahren die Vorarbeiten zur ENTWICKLUNG DES NIEDRIGENERGIEHAUSES – NEH geleistet:
Absenkung des Energieverbrauches von etwa 180 kWh/m²a im Bestand auf ca. 60 kWh/m²a beim Neubau – Energiekennwert Heizwärme pro Quadratmeter Nutzfläche und pro Jahr.
Ersten Realisierungen in Skandinavien folgen Bauten in Deutschland und der Schweiz. Die „offizielle Bauforschung“ und die Bauwirtschaft dieser Länder haben das Thema erst spät aufgegriffen und den Zusammenhang zwischen Wohnqualität – Baukosten – Energieeffizienz systematisch herausgearbeitet. Auch bei engagierten Bauvorhaben wie dem „Wiener Ökohaus“ oder der „Sun City“ kann nicht von der Realisierung von ausgereiften Konzepten gesprochen werden – das Niveau der Beiträge des abgehaltenen „Ökohaus-Wettbewerbes“ dokumentierte das Ringen der engagierten Planer mit neuen und komplexen Zusammenhängen. Inzwischen liegen umfangreiche Erfahrungen mit dem Baustandard NIEDRIGENERGIEHAUSES – NEH vor. Auch negative Erfahrungen werden gemacht: die Nutzergewohnheiten im „großvolumigen Wohnbau“ sind nicht auf die technischen Möglichkeiten und Erfordernisse abgestimmt, die Dämm-Standards zwar erhöht, aber ohne Realisierung der flankierenden Massmahmen, wie mechanischen Zu und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Versuche der Bauträger, „Gebrauchsanleitungen“ an die Nutzer weiterzugeben, waren und sind nur teilweise erfolgreich: die systematische Bearbeitung der hygienischen Aspekte zeigt auf, daß z.B. Mängel bei der Raumluftqualität häufig auch als Folge der gewählten Konstruktionen und der Nutzergewohnheiten auftreten, und die Einhaltung der „Betriebsanleitungen“ besonders in den Schlaf und Sanitärräumen problematisch oder auch nicht möglich ist. Wer kann schon alle zwei Stunden Querlüften, um die geforderte hygienische und technische Luftqualität zu erreichen: kein realisierbares Lüftungsverhalten kann die Belastungen durch Rauchen auf ein hygienisch unschädliches Maß bringen, wenn schon die Grundforderung lautet: 30 m³ Frischluft je Person und Stunde! Und schon gar nicht, wenn die Vorteile erhöhter Dämmung nicht verloren werden sollen. Und mechanische Wohnungslüftungen, im erforderlichen Standard, wurden nicht gebaut.
Die wissenschaftliche Aufarbeitung z.B. dieser vielbeklagten Mängel führte zu weiterführenden Überlegungen und zur Optimierung:
DEM PASSIVHAUS.
Voraussetzung für diese Entwicklung sind Weiterentwicklungen auch der Industrie: Verbesserung der thermischen Eigenschaften der Gläser und Rahmenkonstruktionen, der Luftdichtigkeit,
Voraussetzungen und Regelungen
Zur Entwicklung und Änderungen der Planungs- und baulichen Standards,
Zur „Ökologisierung“, also
Zu Änderungen der bautechnischen Standards auf der Basis der technischen Entwicklung, und
Von der zunehmenden Schwierigkeit, diese Neuerungen und Möglichkeiten
Sozial, oragnisatorisch und institutionell zu „verarbeiten“:
Am Beispiel der Entwicklung vom gründerzeitlichen Haus, zum „Niedrigenergiehaus“ und zum
STANDARD DES „PASSIVHAUSES“.
Entwicklung der Wohnbaupolitik nach 1945
Kommunalpolitische Vorgaben
1945 – 1950
Die knapp nach Beendigung der Kampfhandlungen in Wien von der Gemeindeverwaltung einberufene große „Enquete für den Wiederaufbau der Stadt Wien“, an der mehrere hundert Fachexperten der Wiener Wirtschaft als Delegierte teilnahmen, hatte der Stadtgemeinde eine Reihe von richtungsweisenden Gesichtspunkten zur Einhaltung empfohlen, die in „14 Punkten für den Wiederaufbau“ zusammengefaßt worden waren.
Einige der wichtigsten Punkte dieser Enquete lauteten:
„Weitgehende Beibehaltung der 1938 geschaffenen Stadtgrenze von “ Groß- Wien “
Auflockerung des dichtbebauten Stadtgebietes (Grünanlagen, Hofentkernungen, Abzonungen)
Verdichtung der Randgebiete (“ Gartensiedlungen „)
“ Heranrücken “ der Stadt an die Donau, durch städtebauliche Entwicklungen an beiden Seiten des Stromes
Erhaltung und Schutz der wertvollen historischen Bausubstanz (“ alter Ortskern „, Altstadt)
Errichtung eines zentralen Fernreisebahnhofes bei weitgehender Neuorganisation des Eisenbahnverkehrs
Verbesserung des Donauhochwasserschutzes
Bau von Donaukraftwerksstufen, Ausbau der Hafen und von Schiffahrtsstraßen (z. B. Donau-Oder-Kanal / Donau-Adria- Verbindung)
Schrittweiser Ausbau eines Autobahnnetzes
Durchführung von Architekten-Wettbewerben für wichtige städtebauliche Einzelsituationen.
Die grundlegende Ansicht forderte, daß “ der Mensch in Zukunft im Mittelpunkt aller Überlegungen und Planungen stehen soll und nicht das Geschäft oder der Profit des einzelnen. “ Die Entwicklung der Wohnbaupolitik der Gemeinde Wien von 1945 bis heute laßt sich am authentischsten an den Aussagen der verantwortlichen Politiker aufzeigen, von denen die nachstehende Auswahl stellvertretend für ähnliche Zitate stehen soll.
Franz Jonas, der spätere Stadtrat für Bauwesen, beschreibt die Situation nach 1945 in einer Bestandsaufnahme aus dem Jahr 1950 wie folgt: “ Im zweiten Weltkrieg hat der Wohnraumkörper von Wien zum ersten Male wieder seit der Niederbrennung der Vorstadt zur Zeit der zweiten Türkenbelagerung anno 1683 schwere Schaden erlitten, an deren Behebung jetzt, fünf Jahre nach Kriegsende, noch immer gearbeitet wird.
Insgesamt wurden 187.305 Wohnungen in irgendeiner Form in Mitleidenschaft gezogen: 36.851 (19,6 %) Wohnungen wurden total zerstört, 50.024 (26,7 %) Wohnungen schwer und 100.430 (53,7 %) Wohnungen leicht beschädigt; nimmt man an, ab eine Familie in Wien durchschnittlich aus 2-3 Personen besteht, so entspricht der verlorene Wohnraum einer Stadt mit rund 430.000 Einwohnern. “
“ Wenn auch von vornherein die Absicht bestand, in großem Stile eine Gesamtplanung Wiens auf lange Sicht vorzunehmen, so war es vor allem der Mangel an geeigneter Organisation im ganzen System des Wiederaufbaues von Wohnraum, der ein zielstrebiges Wiederaufbauwerk verhinderte. ;’2) Franz Novy, der damalige Stadtrat, formulierte 1946 als Richtschnur der Wohnbaupolitik der Stadt Wien folgenden Leitsatz: “ Der Volkswohnungsbau zur Behebung der dringenden Falle der Wohnungsnot, der Notstandsbau, ist Angelegenheit der Gemeinde; der Bau von Siedlungshausern und nach Typen entworfenen Wohnungseinheiten durch das private, gemeinnützige genossenschaftliche Kleinsparerkapital soll sowohl von der Gemeinde als auch von anderen öffentlichen Körperschaften weitgehend gefördert werden: der Bau des individuellen Eigenheimes, der Mietvilla, der Wohnung mit gehobenem Standard gehört dem privaten Kapital zu; er bedarf keiner finanziellen Forderung aus öffentlichen Mitteln. „3) Ähnliche Aussagen gleichen Inhalts wurden von den politisch Verantwortlichen auch in den Folgejahren formuliert, z.B.
Stadtrat Pfoch: „Aufgabe der Stadt Wien ist es, Für sozial schwächere Schichten Wohnraum zu schaffen. “ Das Bestreben der Stadtgemeinde Wien, ein neues grol3es soziales Wohnbauprogramm ins Rollen zu bringen, hat sehr rasch die Schwierigkeiten aufgezeigt, die sich der Praxis gerade in der Bodenfrage entgegenstellen. Diese wurde gewissermaßen zum Engpaß einer sinnvollen Wohnbaupolitik.
Hans Grundacker, der Baudirektor der Stadt Wien, schreibt hiezu:
„Da kommunale Wohnbauten nur auf gemeindeeigenem Grunde errichtet werden Können, der größte Teil des Bodenbesitzes der Gemeinde aber an Stellen lag, die Für den sozialen Wohnbau ungeeignet waren, kann zurzeit von einer konsequenten Standortpolitik der Gemeinde Für den sozialen Wohnbau n i c h t gesprochen werden. Sie muß froh sein, wenn sie genügend Land freimachen kann, um die vom Gemeinderat beschlossene Anzahl von Wohnungen jährlich unter Dach und Fach zu bringen. In vielen Fallen muß sie schweren Herzens einen Kompromiß eingehen, von dem die Planungs- und Baufachleute genau wissen, ab er keine gute Losung darstellt.“